05.11.2019

MEINE STADT – MEINE GESCHICHTE. Ein digitaler Stadtrundgang zu Lebens- und Arbeitswelten in Eisenhüttenstadt.

eingestellt von:  Grenzgaengerberlin | Autor: grenzgängerberlin, Carola Riedel
 

Erinnerungen, Sichtweisen, Erlebnisse,Geschichten: Mit dem digitalen Stadtrundgang „Meine Stadt - Meine Geschichte" haben Sie die Gelegenheit, Eisenhüttenstadt aus einer ganz besonderen Perspektive kennenzulernen: aus der Sicht von Menschen, die hier leben. Die Audios führen Sie zu Plätzen und Orten, die Menschen in Eisenhüttenstadt am Herzen liegen und mit denen sie besondere Erinnerungen und Geschichten verbinden. Es geht um Nachbarschaft und Arbeit, Alltag und Freizeitvergnügen, um Ankünfte, Abschiede und Wandel. Die Erzählungen spielen an Orten in und um Eisenhüttenstadt. An den jeweiligen Stationen treten diese Erzählungen in einen Dialog miteinander. Lassen Sie sich von Eisenhüttenstädtern, von deren Erinnerungen und Eindrücken auf Ihrem Rundgang begleiten und lernen Sie die Stadt und ihre Geschichte durch die Geschichte(n) ihrer Einwohner kennen. Wir wünschen Ihnen dabei viel Freude.

„Meine Stadt – Meine Geschichte“ ist das Ergebnis einer sechsmonatigen Geschichtswerkstatt, die es zum Ziel hatte, Menschen in Eisenhüttenstadt miteinander in ein Gespräch zu bringen.

Weitere Informationen zur Entstehung des Rundganges finden Sie hier.

Teil 1: Ankunft und Herkunft

Herzlich Willkommen in Eisenhüttenstadt! Sie befinden sich am Bahnhof von Eisenhüttenstadt, im Ortsteil Fürstenberg. An diesem Ankunftsort möchten wir Sie gleich mit einer Besonderheit der Stadt bekannt machen: die Herkunft ihrer Einwohner. Während die meisten Städte und Dörfer eine über Jahrhunderte gewachsene Bevölkerung haben, hat sich die Einwohnerschaft von Eisenhüttenstadt vor noch nicht allzu langer Zeit gebildet. Ihre Entwicklung beginnt erst mit der Entstehung der Stadt Anfang der 1950er Jahre, als Menschen hierher kamen, um in Eisenhüttenstadt beziehungsweise, wie es anfangs noch hieß, in Stalinstadt ein völlig neues Leben zu beginnen. Viele von Ihnen kamen nur mit ein paar Habseligkeiten und, wie Sie vielleicht auch, mit dem Zug. Woher sie stammen und warum sie ihre Heimat verließen, erfahren Sie hier.
 

Teil 2: Aufbau und Wachstum

„Die lichten Flecken im Wald wurden größer. Mächtige Haufen Holz lagen überall gestapelt. Auf einem schnell gelegten Schienenstrang kreischten Lorenzüge, während einige hundert Männer und Frauen Sand aus dem breiten Straßenbett in die leeren Kippwagen schaufelten oder Steine zerschlugen und die Packlage setzten.“ (Aus dem Roman „Roheisen“ von Hans Marchwitza, 1955.) Eisenhüttenstadt ist eine Stadt, die gezielt geplant und gebaut wurde. Ihren Anfang nahm sie im Bereich der Kreuzung Beeskowerstraße, Werkstraße und Lindenallee. Hier, inmitten eines Kiefernwaldes, entstanden entlang der Werkstraße ein Stahlwerk und rund um die heutige Lindenallee eine Wohnstadt. Der Aufbau Eisenhüttenstadts begann im August 1950 mit den Erschließungsarbeiten für das Stahlwerk, das Hermann Matern Hüttenwerk, das spätere Eisenhüttenkombinat Ost, kurz: EKO. Im Februar 1951 starteten dann die Bauarbeiten für die EKO-Wohnstadt, die damals noch Stalinstadt hieß. Bis 1960 war die Kernstadt, mit den Wohnkomplexen I bis IV und der Magistrale, der Lindenallee, weitestgehend fertig. In der Stadt lebten und arbeiteten damals bereits rund 25.000 Menschen. Innerhalb von 10 Jahren war nahezu aus dem Nichts eine völlig neue Stadt entstanden, die in den Folgejahren mit dem Ausbau des Stahlwerkes weiter wuchs.
 

Teil 3: Das EKO – Taktgeber der Stadt

Das Eisenhüttenstadtkombinat Ost, die heutige ArcelorMittal Eisenhüttenstadt, bestimmte und bestimmt zu großen Teilen das städtische Leben. Wirtschaftliche Gesundheit der Stadt und auch Wohlergehen des Einzelnen werden von vielen Eisenhüttenstädtern eng mit dem Stahlwerk verknüpft.
 

Teil 4: EKO – Meine Hütte. Leben für und durch das Werk

Wenn Eisenhüttenstädter von ihrer Stadt sprechen, sprechen sie häufig von ihrer „Hütte.“ Eine Bezeichnung, die nicht nur als Abkürzung für den etwas sperrigen Namen Eisenhüttenstadt dient, sondern auch ausdrückt, wie sehr das Eisenhüttenwerk als ein in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht schützendes und wärmendes „Zuhause“ angesehen wird. Welche bedeutende Rolle diese Hütte in den Biografien vieler Eisenhüttenstädter spielt, zeigen folgende Audios, in denen Mitarbeitende über ihre eigene Arbeit und die ihrer Familien im Werk erzählen.
 

Teil 5: Friedrich-Wolff-Theater

Das Theater lockt mit Gastspielen, Eigenproduktionen und Kinovorstellungen viele Besucher aus Stadt und Umland an. Darüber hinaus werden das Gebäude und die Innenstadt gerne als Filmkulisse genutzt. Eigentlich sollte das neoklassizistische Gebäude in der Lindenallee zunächst als Filmtheater dienen. Da aber ein ursprünglich geplantes Kulturhaus nicht verwirklicht wurde, entwickelte sich das Friedrich-Wolff-Theater schnell zum kulturellen Zentrum der Stadt, als das es bis heute im Leben vieler Einwohner fest verankert ist.
 

Teil 6: Stadtfest

Einmal im Jahr, Ende August, verwandelt sich die Innenstadt in eine große Feiermeile. Die gesamte Lindenallee und Teile der Beeskower Straße werden abgesperrt und mit Bühnen und Buden gefüllt. Das Eisenhüttenstädter Stadtfest ist eine Attraktion, die viele tausend Menschen von außerhalb in die Stadt zieht und auf die sich auch viele große und kleine Eisenhüttenstädter jedes Jahr aufs Neue freuen.
 

Teil 7: Platz des Gedenkens

Das Monument auf dem Platz wurde errichtet, um an 4000 sowjetische Kriegsgefangene, die im Ortsteil Fürstenberg im Stammlager Stalag III B ums Leben gekommen waren, zu erinnern. Zu DDR-Zeiten diente der Platz aber nicht nur als Gedenkanlage, sondern wurde auch als Aufmarsch- und Versammlungsplatz genutzt, wie sich eine Eisenhüttenstädterin erinnert.
 

Teil 8: Wende - Wandel - Wegzug

Lunik war einst ein glanzvolles Hotel und Anziehungspunkt für Gäste und Einwohner. Das Gebäude steht seit Jahren leer – seine Zukunft ist ungewiss. Eine Wunde inmitten eines frisch sanierten Stadtzentrums, die schmerzlich an die Wende und ihre Folgen erinnert. Infolge der Umbrüche verlor die Stadt über die Hälfte ihrer Einwohner. Die Bevölkerungszahl sank von rund 50.000 Ende der 80er Jahre auf knapp 25.000. Das Durchschnittsalter stieg von Mitte Zwanzig auf über Fünfzig an. Aus einer einst sehr jungen wurde eine alte Stadt.
 

Teil 9: Abriss und Abschied

Mit den Nullerjahren setzte in Eisenhüttenstadt ein Schrumpfungsprozess ein, der sich auch im Gesicht der Stadt zeigt. Mit dem Rückgang der Bevölkerung wurden und werden immer noch, wie an der Alten Holzwolle, Wohnkomplexe abgerissen oder stark ausgedünnt. Wurzeln, die Menschen in ihrer Wohnumgebung geschlagen hatten, werden rausgerissen, lang gehegte Verbindungen aufgelöst.
 

Teil 10: Mein Eisenhüttenstadt ist…

Im Rathaus, einem der zentralen Gebäude in Eisenhüttenstadt, können Sie sich ein großes Modell der Stadt ansehen. Es zeigt die Stadt als Flächendenkmal, seine Ausmaße und Entwicklungsstationen. Dass Eisenhüttenstadt ein Flächendenkmal ist, ist aus Sicht vieler Historiker, Architekten oder auch Reiseführer das, was die Stadt auszeichnet. Für viele Stadtbewohner liegt das Besondere der Stadt in anderen Dingen.
 

Teil 11: Lebens- und Arbeitswelten

Sie befinden sich in einem der Wohnkomplexe, wie sie für Eisenhüttenstadt typisch sind. Wenn Sie sich umsehen, werden sie feststellen, dass das Wohnen hier sehr angenehm ist und sich stark von den Vorstellungen vom Leben in einer Industriestadt abhebt. Die Häuser inmitten von Grün, lange Straßenkorridore, die es ermöglichen von einem Wohnblock zum nächsten zu gelangen, ohne große, viel befahrene Straßen zu queren. Das Wohnumfeld sollte den Menschen die Möglichkeit geben, ihren Alltag so zu gestalten, dass sie den Anfordernissen einer zum Teil sehr zeitintensiven Arbeit möglichst gut nachkommen können. Die Wohnkomplexe wurden deshalb in der Weise gestaltet, dass sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleisten sollten: Als Nachbarschaft, in der alle wichtigen Einrichtungen des täglichen Bedarfs fußläufig zu erreichen sind. Die Wohnungen selbst in den Wohnkomplexen wiesen für DDR Verhältnisse einen hohen Standard aus. Hören Sie selbst, was Eisenhüttenstädter über Ihr Leben und Ihre Arbeit hier erzählen.
 

Teil 12: Wo Reiszwecke und Schrankwand erzählen - Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR

In dem Gebäude, das zu DDR Zeiten eine Kindertagesstätte war, werden seit 1993 Alltagsgegenstände der DDR gesammelt und im Rahmen von wechselnden Ausstellungen gezeigt. Besucher erhalten hier einen Einblick in Leben, Arbeit, Bildung und Erziehung in der DDR. Für ehemalige Bürger der DDR, wie auch Eisenhüttenstädter, ist das Museum aus Sicht von Axel Drieschner, Kurator des Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR, vor allem ein Ort, um sich zu erinnern.
 

Teil 13: Diehloer Berge

Mit 110 Metern sind die Diehloer Berge die höchste Erhebung im Stadtgebiet. Hierhin zog und zieht es viele Eisenhüttenstädter, um sich zu erholen, zu vergnügen oder sportlich zu betätigen; sogar Skifahren ist möglich.
 

Teil 14: Zwischen den Welten - die Erstaufnahmeeinrichtung

In Eisenhüttenstadt leben derzeit rund 1000 Geflüchtete in der Erstaufnahmeeinrichtung. Im folgenden Audio hören Sie, wie sich ehemalige Bewohner der EAE und eine ehemalige Anwohnerin an die Zeit erinnern, als sie noch hinter beziehungsweise vor dem Zaun lebten.
 

Teil 15: Der Aktivist

Das Restaurant und Café wurde in den 1950er Jahren als erste Großgaststätte in Eisenhüttenstadt eingerichtet. Dies war ein großes Ereignis, zumal es in der Stadt bis dahin nur kleinere Lokalitäten gab, die häufig noch in Baracken untergebracht waren. Der Aktivist entwickelte sich schnell zu der zentralen Gaststätte in Eisenhüttenstadt, die auch Menschen aus ganz Ostdeutschland anlockte. Noch heute sprechen viele ältere Eisenhüttenstädter begeistert von ihrem „Akki“ und den tollen Stunden, die sie dort verbracht haben.
 

Teil 16: Die Insel

Idyllisch gelegen, zwischen zwei Armen des Oder-Spree-Kanals liegt die Insel, das Naherholungsgebiet der Stadt. Früher als auch heute eines der beliebtesten Freizeitziele in Eisenhüttenstadt. Ob Groß oder Klein, jeder kann hier seinen Spaß haben, und das mitten in der Stadt.
 

Teil 17: Fürstenberg

Mit seiner kleinstädtischen, teils noch mittelalterlichen Struktur wird der Ortsteil Fürstenberg häufig auch als zweites Gesicht Eisenhüttenstadts bezeichnet. Statt wie in der Neu-Stadt von Eisenhüttenstadt durch große, weite Alleen zu gehen, läuft man hier durch einen verwinkelten, historischen Altstadtkern mit engen Gassen. 1961 wurde Fürstenberg / Oder in die neue Stadt Eisenhüttenstadt eingemeindet, bis dahin war der Ortsteil eine eigenständige Kleinstadt. Eine Fürstenbergerin erinnert sich.
 

Teil 18: Gemeinschaftsgarten - Gemeinschaftsleben

Der Garten des Netzwerk Migration in Europa e. V. in der Gartenanlage Seggelug ist einer von vielen Kleingärten in Eisenhüttenstadt. Kleingärten hatten schon zu DDR Zeiten eine Tradition und auch eine wichtige Funktion: Sie waren häufig Rückzugsort ins Private, was aber nicht bedeutete, dass man dort alleine sein wollte. Im Gegenteil: In den Kleingärten traf man sich, wie auch hier, um mit anderen zu quatschen oder gemeinsame Projekte zu planen und umzusetzen. Das Gemeinschaftsleben spielte zu DDR-Zeiten in Eisenhüttenstadt eine große Rolle. Durch die Folgen der Wende habe sich das stark verändert, manche sagen sogar, es sei ganz verloren gegangen.
 

Teil 19: Wünsche und Träume – im GEWI-Treff

In dem kleinen Flachbau befand sich zu DDR-Zeiten eine Kaufhalle, in der man Lebensmittel, Fisch und Kinderspielzeug kaufen konnte. Heute hat die Volkssolidarität hier ihren Sitz mit dem GEWI-Treff. Egal, ob Jung oder Alt, ob Neuzugezogene oder Alteingesessene, an diesem Ort trifft man sich und unterhält sich. Wenn man „heimlich“ lauscht, erfährt man sogar, wovon Menschen hier so träumen und welche Wünsche sie für sich und die Stadt haben.
 
 

Stationen der Stadteilführung

Autor

grenzgängerberlin, Carola Riedel

Mehr von diesem Autor

Keywords

Beitrag teilen

Kommentare